Der Preisabstand für Gold zwischen New York und London hat sich zwar reduziert. Doch auch die Zahl der offenen Positionen im Gold-Future ist massiv zurückgegangen. Gestiegen sind dafür die Aufpreise, die vor allem in den USA für physisches Münzgold zu zahlen sind. Der Goldmarkt bleibt also im Krisenmodus. Seit Februar spielen sich bislang ungekannte Szenen am Goldmarkt ab. Ich berichtete bereits mehrfach über die Verwerfungen, die zu deutlichen Preisabständen zwischen den einzelnen Terminmärkten führten. Am vergangenen Freitag lag der Abstand zwischen in New York gehandeltem Comex-Gold und in London gehandeltem LBMA-Gold noch bei etwa 20 US-Dollar, heute Nachmittag waren es 10 US-Dollar. Das ist immer noch mehr als vor der Coronakrise, aber deutlich weniger als die 70 US-Dollar, die zum Beispiel am 9. April bezahlt werden müssten.
In den USA werden Goldmünzen deutlich über Spotpreis gehandelt
Deutlich ausgeweitet hat sich der Preisabstand zwischen dem Börsenpreis und dem Preis auf der Straße in den USA jedoch bei Goldmünzen. Wir sahen das gleiche Phänomen vor einigen Wochen in Deutschland, als Münzen praktisch ausverkauft waren und Aufpreise von teils 200 Euro auf den Spotpreis zu bezahlen waren. In den USA stieg der Aufpreis inzwischen auf 135 US-Dollar. Ich persönlich empfehle Ihnen, nicht in Panik solch absurde Aufpreise zu bezahlen. Idealerweise werden Goldvorräte vor einer Krise und nicht mitten drin angelegt. In den vergangenen Jahren gab es keinerlei Probleme, Edelmetall in beliebigen Mengen zu geringen Aufpreisen anzuhäufen.
Und es werden auch in einigen Monaten wieder Gelegenheiten zu finden sein, Gold und Silber zu vernünftigen Preisen zu kaufen. Global betrachtet ist die Nachfrage nach Edelmetallen immer noch winzig. Der überwiegende Teil der Menschen denkt nicht einmal daran, auch nur winzige Mengen Gold zu kaufen. Und wenn mich die Finanzkrise eines lehrte, dann dass sich selbst auf den Höhepunkten einer Krise kaum mehr Menschen Gedanken darum machen als vor der Krise. Statt also jetzt Aufpreise von mehr als 100 Euro pro Unze hinzublättern, würde ich persönlich bei vorhandenen Kaufwünschen den aktuellen Metallpreis mittels Derivaten sichern und in zwei bis drei Monaten in physisches Gold tauschen.
Die Scheide- und Prägeanstalten laufen auch Hochtouren, um die Nachfrage zu decken
Denn bis dahin wird genug Gold in anlagefähige Form gebracht worden sein, um die Nachfrage zu decken. Produziert wird Gold für die USA nicht nur in den USA selbst, sondern auch zum Beispiel in Europa und Australien, wo Scheideanstalten schon seit einiger Zeit als essentiell wichtige Betriebe gelten und trotz eventuell bestehender Betriebsverbote zur Eindämmung des Coronavirus arbeiten dürfen. Und trotzdem übersteigt die Nachfrage derzeit das Angebot bei weitem. Die australische Perth Mint geht davon aus, dass sie für jede hergestellte Gold- und Silbermünze fünf oder sechs weitere verkaufen könnten, für die aber derzeit die Produktionskapazitäten fehlen. 7.000 bis 7.500 1kg Barren stellt die Perth Mint zusätzlich täglich her, die anschließend in die USA geflogen und zur Bedienung von Lieferverpflichtungen an der Terminbörse Comex eingesetzt werden.
Gold ist nicht knapp, sondern lediglich nicht in der passenden Darreichungsform verfügbar
Alle Quellen bestätigen, dass Gold an sich nicht knapp sei. Es läge nur nicht in der Form und an den Orten vor, für die und wo Nachfrage besteht. So haben zum Beispiel Goldminen derzeit das Problem, ihr Gold überhaupt von den Minen wegzubefördern. Da Linienflüge weitgehend eingestellt wurden, fehlt es an den Transportkapazitäten, die die Linienmaschinen normalerweise bereitstellen. Nur für Fracht werden Passagiermaschinen jedoch normalerweise nicht genutzt, da es sich weder für die Kunden noch die Fluggesellschaften lohnt. Auf der einen Seite wird also z.B. in den USA Gold in Form von 1kg und 100 Unzen Barren sowie Münzen so stark nachfragt wie seit Jahren nicht mehr, auf der anderen Seite lagern sogenannte Doré Barren in z.B. Afrika und warten auf den Abtransport zur Scheideanstalt in den Abnehmerländern. Doré Barren sind unverarbeitete Barren, die direkt am Ort der Goldgewinnung ohne weitere Aufkonzentration des Goldes gegossen werden und weder einen definierten Reinheitsgrad noch eine exakt spezifizierte Masse haben.
Übrigens: Gäbe es ein Anzeichen dafür, dass die Goldnachfrage substanziell das Angebot übersteigt, dann sähen wir das zuerst am Futuremarkt. Marktteilnehmer, die Gold verarbeiten, würden sich am Terminmarkt mit dem Material eindecken, um in einigen Wochen Zugriff darauf zu bekommen. Doch das Gegenteil ist der Fall. Das Open Interest an der Comex ging signifikant zurück. All die Marktteilnehmer, die sich in den vergangenen Wochen mit dem Shortselling die Hände verbrannten, kauften Positionen zurück und schlossen ihr Buch. Zwischen Ende Februar und vergangene Woche sank das Open Interest um 33 Prozent.
Die ursprünglichen Besitzer der Futures waren also bereit, sich von 33% ihrer Bestände zu trennen. Gäbe es Anzeichen für einen lang anhaltenden, extremen Nachfrageanstieg, der sofortigen Goldkauf um jeden Preis notwendig machen würde, sähen wir nicht einen solchen Einbruch bei den Futurebeständen.
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