Am Mittwoch Abend kamen die lang erwarteten Quartalszahlen des Elektroauto-Pioniers Tesla, allein schon deshalb interessant, weil der Aktienkurs des Unternehmens in den letzten drei Monaten um 100 Prozent gestiegen war. Was musste Elon Musk liefern, damit diese Vorschusslorbeeren gerechtfertigt sind?
Der Konzern überraschte mit seinen Quartals- und Jahreszahlen, allerdings mit allerlei Bilanztricks – wie FMW und Dirk Schuhmanns berichteten.
Und was machte die Aktie? Sie legte nachbörslich gleich noch einmal um über zehn Prozent zu.
Die astronomischen Kennziffern von Tesla und der Vergleich mit Volkswagen
Abseits der relativ abstrakten Zahlen über US-GAAP und Gewinn pro Aktie sind die absoluten Produktionskennziffern überaus anschaulich, weil sie die Hoffnungen symbolisieren, die die Investoren in diese Aktie und ihrer Entwicklung hegen. Diese gehen nämlich schon weit in die Zukunft, mit jährlichen Steigerungen von 30 Prozent und Ähnlichem käme man bewertungstechnisch nicht so schnell auf einen grünen Zweig.
Dies wird vor allem im Vergleich mit Volkswagen deutlich, der man schon den Unternehmenstod vorhersagt – angesichts des gigantischen Forschungsbudgets und der Qualität von tausenden hochqualifizierten Ingenieuren fast schon ein Witz. Dazu ein paar Vergleichszahlen, von denen einige wegen ihrer Dimension natürlich schon die Runde gemacht haben.
Vergleich Kfz-Produktion 2019:
Volkswagen 10,9 Millionen, Tesla 367.500
Jahresgewinn:
Volkswagen 14 Milliarden Euro (Zahlen im März), Tesla Verlust
Kurs/Gewinn-Verhältnis:
Volkswagen (2020) 6, billigster Wert im Dax, Tesla ?
Umsätze 2019 prognostiziert durch Refinitiv:
Volkswagen 283 Milliarden Dollar, Toyota 276 Milliarden, Tesla 31 Milliarden
Marktkapitalisierung:
Toyota 210 Milliarden Euro, Tesla 95 Milliarden Euro, Volkswagen 85 Milliarden Euro
Bewertung pro Fahrzeug:
Tesla 258.000 Euro, Volkswagen 7800 Euro
Forschungsbudget:
Tesla (2018) 1,46 Milliarden Dollar, aktuell sinkend
Volkswagen 12 Milliarden Euro, für die nächsten fünf Jahre 60 Milliarden Euro
Das soll jetzt keine Werbung für den deutschen Automobilkonzern sein, zu stark hatte man in der Vergangenheit neue Entwicklungen verschlafen, zu dreist waren die Vorfälle um den Dieselskandal. Aber an der Börse hat sich eine Zukunftsprognose für Tesla im bewertungstechnischen Sinne Bahn gebrochen, die nach Korrektur schreit, ungeachtet der Qualität der Elektrofahrzeuge.
Auch wenn die Firma für 2020 die Zahl von über 500.000 Fahrzeugen avisiert, selbst eine Million Kfz für 2021 wäre noch eine irre Bewertung bei über 105 Milliarden Dollar Marktkapitalisierung, zumal die Verkaufszahlen mit immer stärkeren Preisnachlässen erreicht werden.
Wann erfolgt bei diesem Highflyer die unvermeidliche kurstechnische „Mean Reversion“?
Fazit
Auch wenn Tesla die automobile Zukunft gehören sollte, der Aktienkurs ist dennoch weit endeilt – zu weit. Dazu braucht man sich nur den Chart des Unternehmens anzusehen, der eine Exponentialkurve vom Feinsten repräsentiert. Diese Entwicklung kann nicht nachhaltig sein, jede dieser Kurven wurde bisher korrigiert, auch wenn das Unternehmen stramm weiterwuchs. Sonst müsste Tesla zu Frühlingsanfang schon bei tausend Dollar Kurswert stehen.
Die Ursache für diesen Kursanstieg ist zum einen technischer Natur. Eine unglaubliche Rate an Leerverkäufen (über 30 Prozent) treibt durch Short Squeezes den Aktienkurs ständig nach oben. Ein weiterer Grund ist Elon Musk selbst: Der Unternehmensgründer begnügt sich derzeit mit einem symbolischen Gehalt von einem Dollar, wird aber unglaublich belohnt, wenn es ihm gelingt, die Marktkapitalisierung über sechs Monate lang auf über 100 Milliarden Dollar zu halten. Dann winken ihm vertragsgemäß Aktienoptionen im Wert von 346 Millionen Dollar, mit Luft nach oben bis zu 650 Millionen Dollar.
Der geniale Vermarkter wird alles daran setzen, dass dieser Coup gelingen wird. Hat er nicht erst gestern darüber geschwärmt, wie berauschend die Vorbestellungen für den E-Truck laufen, der erst ab dem Jahr 2021 in Produktion geht? Für Shortseller könnte es allen finanzmathematischen Überlegungen zum Trotze doch noch eine Durststrecke geben.
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