Der Baltic Dry Index wird gern als Maßstab der weltweiten Handels- und Wirtschaftsaktivität herangezogen. Er misst die Frachtraten für verschiedene Transporte auf See. Ein Sub-Index, der für Capesize Schiffe, notierte im September 2019 noch bei 5.000 Punkten. Er notierte Mitte Dezember bei 3.500 Punkten. Und er notiert heute bei -21.
Politiker wie Unternehmen werden in diesen Tagen nicht müde zu betonen, dass das Coronavirus keine merklichen Folgen für die Wirtschaft haben würde. Dass daran ganz erhebliche Zweifel angebracht sind, haben wir in den vergangenen Tagen schon mehrfach berichtet. Der private Konsum war bislang in China für etwa 40% des Bruttoinlandsprodukt und sogar für fast 80% des Wirtschaftswachstums verantwortlich. Doch konsumiert wird in China derzeit vor allem das unwirksame Produkt „Atemschutzmaske“. Dass die chinesische Wirtschaft in diesem Quartal noch wachsen kann, ist unwahrscheinlich. Und der wahrlich implodierte Preis für Schiffstransporte bestätigt, dass es inzwischen nicht mehr nur um die chinesische Wirtschaft geht.
Baltic Exchange Capesize Index: 99,95% Preiseinbruch in einer Woche
Der Baltic Dry Index setzt sich aus vier verschiedenen Subindizes für verschiedene Schiffsklassen zusammen. Capesize-Schiffe sind nur eine davon. Das sind Schiffe, die zu groß sind, um den Panama- oder Suez-Kanal zu passieren. Öl und trockene Schüttgüter wie Erz werden mit diesen Schiffen transportiert – also die Basis-Rohstoffe der Wirtschaft. Dieser Subindex fiel in diesem Monat um 99,95% auf 1, davon mehr als 99% in dieser Woche. Ein Index-Stand von -21 bedeutet nichts anderes, als dass es derzeit praktisch gar keine Nachfrage mehr nach Schiffstransporten von Rohstoffen gibt. Die Schiffsbesitzer verchartern die Schiffe lieber zum Nulltarif, als selbst die Betriebskosten während der Liegezeit zu bezahlen. Bzw. sie zahlen sogar dafür, dass jemand ihre Schiffe chartert, weil das immer noch billiger ist, als die Betriebskosten zu übernehmen.
Baltic Dry Index fällt dramatisch
Der Baltic Dry Index wird als Indikator für die weltweite Wirtschaftsaktivität angesehen, weil mehr als 90% des Welthandels auf dem Wasserweg abgewickelt werden. Was waren es noch für Zeiten, als wir von einem neuen Allzeittief beim Baltic Dry Index berichteten? Am 10. Februar 2015 fiel der Index auf 554 Punkte. Anschließend ging es bis zum 16. Dezember sogar noch weiter herunter auf 484 Punkte. Heute liegen wir bei 498 Punkten und das bedeutet bereits einen Einbruch von 54% seit Jahresbeginn. Übrigens: Als der Baltic Dry Index 2015 sein Tief erreichte, zahlte man für einen Capesize-Frachter noch 300 US-Dollar pro Tag, während es am Hoch im Jahr 2008 fast 234.000 US-Dollar waren.
Es zeigt sich, dass es keinen direkten Zusammenhang zwischen Wirtschaftswachstum und Frachtraten gibt. 2015 lagen die Raten trotz gut laufender Wirtschaft tiefer als 2009 während der Wirtschaftskrise. Die Frachtraten sind ein Zusammenspiel aus Angebot und Nachfrage. Haben die Reeder in wirtschaftlichen guten Zeiten zu viele Frachter bauen lassen, kann der Preis zusammenbrechen, selbst wenn die Wirtschaft weiter wächst. So wie 2015. Ein Preis-Zusammenbruch um 99,95% in einem Monat liegt aber nicht daran, dass es plötzlich zu viele Frachter auf dem Markt gibt, sondern eindeutig daran, dass binnen weniger Tage die Nachfrage nach Massenguttransport vom Markt verschwand. Wenn die Unternehmen kein Erz und Öl mehr ordern, dann können sie in kürze auch keine Rohstoffe mehr verarbeiten, keine Metalle mehr an die Industrie liefern und die Industrie keine Waren mehr daraus herstellen.
Die Unternehmen kaufen keine Rohstoffe mehr ein!
Kurzfristig stellt das kein Problem dar, da auf Lagerbestände zurückgegriffen werden kann. Bis jetzt ist der kollabierte Frachtmarkt nur ein Signal für die tiefe Verunsicherung der Unternehmen, die im starken Kontrast zu den öffentlichen Verlautbarungen steht. Wir können nur vermuten, dass sich diese Unsicherheit nicht nur auf die erste Stufe der Wertschöpfungskette erstreckt. Doch es liegt nahe, dass auch die verarbeitende Industrie derzeit deutlich vorsichtiger agiert und Bestellungen und Investitionen eher zurückhält, statt sie unvermindert fortzuführen.
Das Praktische am Baltic Dry Index ist, dass er die realen Aktionen der Wirtschaftssubjekte abbildet. Es ist keine Umfrage, wie so viele Stimmungsindikatoren, sondern bildet 1:1 die derzeit am Markt aufgerufenen Preise für Schiffstransporte ab. Insofern ist der Index deutlich aussagekräftiger als z.B. Geschäftsklima-Indizes.
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