
Die türkische Lira wertet immer weiter ab! US-Dollar vs Lira notiert aktuell mit einem Wechselkurs von 6,70 auf dem tiefsten Niveau seit dem großen Lira-Crash aus August 2018. Im August 2018 musste man im Tief bis zu 7,20 türkische Lira für einen US-Dollar bezahlen. Noch im Februar 2020 lag der Kurs bei 6,00. Der Chart zeigt den steigenden Dollar gegen die Lira in den letzten 12 Monaten. Was ist hier los?
Türkische Lira vor mehreren Herausforderungen
Das Coronavirus trifft die Türkei nun auch immer stärker. Die Wirtschaft wird dadurch immer weiter beeinträchtigt. So weit, so schlecht. Das Problem haben nun wirklich alle Länder auf dem Planeten. Die türkische Zentralbank hat vorgestern ähnliche Maßnahmen ergriffen wie andere große Notenbanken. Man betreibt QE, pumpt also Geld in den Markt, und animiert die Geschäftsbanken Kredite herauszureichen, damit die türkische Wirtschaft die aktuelle Krise überstehen kann. Diese Woche wurde auch der Einkaufsmanagerindex für die Industrie in der Türkei veröffentlicht. Gegenüber 52,4 im Februar sank der Wert auf 48,1 Punkte im März, was auf eine Schrumpfung der Wirtschaft hindeutet. Auch das ist im Vergleich zu anderen Ländern zum Beispiel in Europa nicht ungewöhnlich in der Coronakrise. Auch dort werden die Volkswirtschaften stark schrumpfen. Also, warum fällt die türkische Lira immer weiter?
Am Devisenmarkt als grundsätzlich anfällig angesehene Währungen leiden am meisten in Krisenzeiten. Denn dann besinnt sich der Anleger grundsätzlich auf die Währungen, die vermeintlich Sicherheit ausstrahlen. Und da hat die türkische Lira wie auch andere Währungen wenig Chancen gegen den US-Dollar. Auch war die Lage in der Türkei schon vorher problematisch für die türkische Lira. Denn die Zinsen wurden schon vor der Coronakrise dramatisch schnell gesenkt, so dass sie zuletzt deutlich unter der Inflationsrate lagen, welche mehrere Monate in Folge am Ansteigen war. Die grundlegende Angst ist derzeit, dass Schwellenländer wie die Türkei durch die Coronakrise im Nachgang härter getroffen werden als Industrienationen. Stark in US-Dollar verschuldete Unternehmen, dazu könnte der Tourismus auch noch lange nach dem Ende der Krise schwächeln uvm. Eine harte Rezession könnte anstehen, wie es derzeit zum Beispiel auch in Kommentaren bei Aljazeera angedeutet wird.
Ein generelles Problem für die türkische Lira
Zur grundsätzlichen Problematik möchten wir an dieser Stelle noch mal ein Auszug aus dem gestrigen Artikel von Hannes Zipfel über den US-Dollar zeigen:
Bereits im Jahr 1971, also kurz nach der Loslösung des US-Dollars vom Gold, prägte der damalige US-Finanzminister John Conally den Ausspruch: „Der Dollar ist unsere Währung, aber euer Problem“. Damals zielte diese Aussage auf die Abwertung des Dollars, heute auf das Gegenteil. Denn Staaten wie Argentinien, Brasilien oder die Türkei haben sich massiv in US-Dollar verschuldet. Bis zum Dezember des Jahres 2015 verharrten in Folge der Finanzkrise auch die Dollar-Zinsen bei nahe null und der Greenback wertete ab. Es war also für die Bürger und Unternehmen vieler Schwellenländer attraktiv, sich in US-Dollar zu verschulden, da die Zinsen im eigenen Land deutlich höher waren und die Dollar-Schwäche einen Teil der Kredite quasi automatisch abbaute. Seit der US-Dollar wieder aufwertet, dreht sich diese Rechnung ins Gegenteil – die Schuldenlast in argentinischem Peso, für die türkische Lira und den brasilianischen Real wertet nun stark auf. Das brachte die genannten Länder und ihre Währungen bereits vor der Corona-Krise in Schwierigkeiten.
Doch nun droht die Lage völlig zu eskalieren und die Dollar-Schuldner in den Schwellenländern, deren Währungen weiter abwerten, geraten von allen Seiten unter Druck. Längst hat das Coronavirus auch Südamerika und den Bosporus erreicht. Die wirtschaftlichen Folgen belasten die hoch verschuldeten Volkswirtschaften nun zusätzlich. Es fehlt daher überall an US-Dollars, um Zins- und Tilgungszahlungen zu leisten. Die Dollar-Reserven der Notenbanken in den betroffenen Ländern sind dramatisch abgeschmolzen. Diese Notlage führt Mitte März zu einer regelrechten Kaufpanik beim US-Dollar.
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