Sie ist schon fast ein Muss für alle Interessierten, die Pressekonferenz des Robert-Koch-Instituts mit seinem Präsidenten Professor Dr. Lothar Wieler: Die Bekanntgabe der Entwicklung der Zahlen der Infektionen mit dem Coronavirus, der daran Verstorbenen, der Gesundeten und seine Beurteilung der Lage. Der oberste Virologe der Republik – oder ist es doch Professor Drosten mit seinem sachlich-analytischen Podcast? – bemüht sich dabei um eine Darstellung der Situation mit ihrer ganzen Dramatik, aber auch um die Übermittlung von etwas Zuversicht, was in so einer Ausnahmesituation sicherlich genauso wichtig ist. Ein Spagat, der einige unlösbare Konflikte zu minimieren versucht.
Coronavirus: Die Dynamik bei den Infektionszahlen
Durch die umfassende Information der John-Hopkins-Universität über die weltweiten Daten zur Ausbreitung und Eindämmung des Coronavirus, kann sich jedermann ein Bild über die Pandemie machen. Zumindest was den mathematischen Aspektt betrifft, mit der exponentiellen Ausbreitung in vielen Ländern, seiner Veränderung bis hin zu einer Abflachung und dann dem folgenden Anstieg der Daten der Gesundeten, die bei einer Quote von 80 Prozent an relativ harmlos verlaufenden Erkrankungen zwei Wochen später auch einen exponentiellen Verlauf nehmen wird.
Für Deutschland sieht dies für die letzten 10 Tage, als Zeitraum für die strengeren Prophylaxemaßnahmen wie folgt aus:
22.März: 24.802 Infizierte, 266 Genesene – 29. März: 60.659 zu 9211.
Am gestrigen Abend waren es 70.895 Coronafälle und 15.824 Gesunde.
Nach Aussage der deutschen Bundeskanzlerin betrug die Verdoppelungsrate kürzlich noch 5,5 Tage, vorletzte Woche geschah dies noch nach drei Tagen, ab dem 20. März nach vier Tagen. In der Schweiz ist dies aktuell nach 10 Tagen der Fall. Da diese Anstiegsverhältnisse natürlich auch für die 80 Prozent nach zwei Wochen Genesenden gelten, müssten wir schon an Ostern 30.000 Gesunde haben und wenige Tage später 60.000. Aber auch die Infektionsfälle könnten auf ungefähr 120.000 beziehungsweise 240.000 steigen. Daran sieht man die Wichtigkeit der Maßnahmen in den kommenden 14 Tagen.
Wir erreichen in Europa das Top bei der Geschwindigkeit der Infektion mit dem Coronavirus. Für Italien habe ich das schon letzte Woche in Artikeln beschrieben, dass es in der Region Mailand aufgrund der schon über zweiwöchigen Quarantänemaßnahmen zum Höhepunkt bei den Infektionszahlen mit dem Coronavirus spätestens in dieser Woche kommen könnte. Die Höchstzahl an Neuinfizierten hatte man bereits am 21. März mit über 6557/Tag erreicht, aber seit dem Wochenende geht es vor allem prozentual stark nach unten.
Die Infektionszahlen werden weiter steigen, aber genauso deutlich die Zahl der Gesundungen. Noch ein Wort zu Deutschland: Bei Einhaltung der Vorsorgemaßnahmen über Ostern hinaus bin ich mir relativ ziemlich gewiss, dass die Zahl der „active cases“ mit dem Coronavirus durch die Eindämmungsmaßnahmen jetzt deutlich eingebremst wird.
Die Unvernunft der Verharmloser
Gewiss stellt das Coronavirus für die Masse der Menschen keine größere Bedrohung dar, als es bei einer Influenza der Fall ist. 80 Prozent haben nur leichte Symptome oder bemerken nicht einmal ihre Erkrankung. Aber, wie schon tausendmal gehört: diese können als Überträger des Virus agieren, ohne es zu bemerken und das mit tödlichem Ausgang für Hochbetagte oder Ältere mit Vorerkrankungen.
Genau aus diesem Umstand heraus rührt die absolute Vorsicht der Gesundheitsbehörden. Professor Wieler zeigte sich geschockt angesichts des Ergebnisses einer Umfrage (Studie Cosmo), derzufolge sich zwar 89 Prozent der Befragten darüber im Klaren seien, dass man sich mit Symptomen von Coronavirus in Quarantäne begeben müsste, aber 63 Prozent würden dies nicht tun – weil sie das Virus für harmlos halten.
Da bleibt den Gesundheitsbehörden gar nichts anderes übrig, als psychologisch den Teufel oder das Worst-Case-Szenario an die Wand zu malen. Man muss die Bevölkerung schützen vor unbelehrbaren, leichtsinnigen oder gar dummen Menschen, die in der Lage wären, eine große gesundheitliche Katastrophe für die älteren Bürger hervorzurufen. Die letzte Auswertung des RKI zu den Todesfällen zeigt: Der Altersmedian liegt bei 82 Jahren, die Spanne zwischen 28 und 104 Jahren. Von den Todesfällen waren 507 (87%) Personen 70 Jahre und älter.
Man darf daher nicht zu früh Entwarnung geben, auch wenn die akuten Fälle immer weniger zunehmen sollten. Die Infektionsmathematik ist gnadenlos.
Coronavirus: Die Sondersituation in den USA
Die Vereinigten Staaten sind bei der Ausbreitung der Pandemie Nachzügler und zugleich in großer Gefahr. Zum einen weil Präsident Trump das Coronavirus zuerst völlig verharmlost hat und entsprechende Maßnahmen recht spät eingeleitet wurden. Zum anderen ist landesweit die medizinische Versorgung in der Notfallmedizin gar nicht so gut – im Vergleich zu Deutschland – wie man es von einer Weltmacht erwarten könnte. Ob bei der Anzahl der Spezialbetten oder der Beatmungsgeräte, überall hakt es. Aber auch das Gesundheitssystem als Ganzes, über das wir schon am 6. März („Coronavirus: Die Schwächen des US-Gesundheitssystems“) geschrieben hatten. Jetzt offenbaren sich durch das Coronavirus die Schwächen des teuren, ineffizienten und weitgehend gewinnorientierten Systems.
Zahlen liefert eine Studie der kalifornischen „Kaiser Family Foundation“ und des „Peterson Center of Healthcare“: Demnach würde eine an Corona erkrankte Person ohne Versicherung im Schnitt auf eine Rechnung von 9.763 Dollar kommen, wenn keine Komplikationen auftreten. Treten solche Schwierigkeiten dagegen ein, käme der Patient auf bis zu 20.000 Dollar. Selbst wenn die Kosten durch eine Krankenversicherung abgedeckt würden, blieben durch Selbstbeteiligungen und Zuzahlungen etwa 1.300 Dollar übrig und das pro Person. Damit wäre ein Familienvater bei einer Infektion der ganzen Familie mit dem Coronavirus rasch in finanziellen Nöten.
Fazit
Spürbare Erleichterung durch die Dämmung von Covid-19 in China und der Aufnahme der Produktion, erste Anzeichen der Hoffnung in den europäischen Ländern, aber extreme Besorgnis für die „leading Nation“ USA, so könnte man den aktuellen Stand um das Coronavirus grob umschreiben.
Was bedeutet das für die Börsen? Nichts Gutes – und viel Volatilität. New York wird jeden Tag in den Wirtschaftssendern als das „Financial Capital of the World“ bezeichnet – und gerade dort wütet Corona am heftigsten. Die 8-Millionen-Metropole lebt im Ausnahmezustand mit bereits 75.983 Coronafällen, fast soviel wie es „offiziell“ in ganz China gegeben hat.
So könnte es ausgerechnet die Leitbörse in New York sein, die für die nächste Talfahrt sorgt.
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