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Aktienrückkäufe, also der Rückkauf eigener Aktien, „Buybacks“ genannt, waren in den USA der Treiber für die Aktienhausse – neben der Zinspolitik der Notenbanken. Allein fünf Billionen Dollar flossen in Übersee in die Märkte seit 2009 zum Zwecke des „Financial Engineerings“. Anscheinend weckt diese Kurspflege auch Begehrlichkeiten bei europäischen und deutschen Großunternehmen, wie die Ankündigungen nach der letzten Berichtssaison nahe legen.

Aktienrückkäufe: Das Vorbild der USA

Der Trend zum Rückkauf eigener Aktien dürfte in den USA seinen Höhepunkt überschritten haben. Zum einen wegen des Auslaufens der Effekte der Steuerreform und zum anderen, weil die US-Unternehmen einfach nicht mehr genug Cash generieren, um die Reduzierung des Free Floats weiter voranzutreiben. Dazu wird die Kritik an diesen Aktienrückkäufen in den USA immer lauter.

Die 500 größten Unternehmen gaben im vergangenen Jahr für Aktienrückkäufe und Dividenden 1,3 Billionen Dollar aus, der Nettogewinn betrug hingegen 1,1 Billionen Dollar. Nach Berechnungen von JP Morgan setzten die Konzerne 31 Prozent ihrer liquiden Mittel für Aktienrückkäufe ein, 27 Prozent für Investitionen und 18 Prozent für Dividenden. Der Rest ging jeweils zur Hälfte in Forschung und Entwicklung sowie in Akquisitionen.

Der weltweit größte Rückkäufer war, wie bereits öfters angemerkt, Apple mit einem Volumen von 327 Milliarden Dollar in 10 Jahren – allerdings bezahlt aus dem Cashrückstellungen, ohne Aufnahme von Schulden. Wie verrückt dieses Financial Engineering ist, zeigen die Kennziffern des Unternehmens des letzten Jahres. Dem sagenhaften Aktienplus von 86 Prozent stand ein schrumpfender Umsatz von 265 (2018) auf 260 Milliarden Dollar gegenüber und ein Rückgang des Gewinns von 77 auf 69 Milliarden Dollar.

Apple ist dabei noch ein moderates Beispiel. Andere IT-Firmen wie Cisco, Qualcomm oder IBM kauften Aktien zurück und erhöhten dabei ihre Unternehmensverschuldung. Während Apple seit 2015 die Zahl seiner Aktien um 20 Prozent verringert hat, waren es beim Computerriesen IBM gleich 50 Prozent, allerdings über einen sehr viel längeren Zeitraum. Jedenfalls scheint diese Methode etwas für Aktionäre, Mitarbeiter und speziell die Führungskräfte zu tun, Schule zu machen – anders sind die jüngsten Ankündigungen europäischer CEOs nicht zu verstehen.

Die Maßnahmen europäischen Konzerne

Zwar sind die Summen, die für Aktienrückkäufe in Europa aufgewendet wurden mit 50 Milliarden Euro im vergangenen Jahr noch wesentlich geringer als in den USA, aber auch hier sind eindeutige Zeichen vernehmbar, dass immer mehr Unternehmen darüber sinnieren, wie man das Geld der Aktionäre vermehren könnte. Infolge der Niedrigzinspolitik der EZB verschulden sich Unternehmen sogar, um diese Art von Kurspflege zu finanzieren. Die niedrigen Kreditkosten animieren dazu.

Beispiel Nestle: Von Mitte 2018 bis Mitte 2019 kaufte Nestlé eigene Aktien für 6,3 Milliarden Euro zurück, 6,4 Milliarden Euro gab man als Dividende an die Aktionäre aus. Der Nettogewinn betrug hingegen „nur“ 8,2 Milliarden Euro. Als Konsequenz stieg die Nettoverschuldung des Unternehmens innerhalb eines Jahres von 24,9 auf zuletzt 34,2 Milliarden Euro. Auch die Schuldenquote nahm drastisch zu – von 50 auf 74 Prozent.

Aktienrückkäufe deutscher Unternehmen

Die großen Gewinner am deutschen Aktienmarkt, Adidas und Siemens, haben angekündigt, bis 2021 eigene Aktien in Höhe von jeweils drei Milliarden Euro zurückzukaufen. Bei Fresenius Medical Care sollen es 2020 Anteilsscheine im Wert von einer Milliarde werden. Eine Summe, die der große Rückversicherer Münchener Rück schon seit ein paar Jahren für Aktienrückkäufe ausgibt. Und dennoch schüttete das Dax-Unternehmen in den letzten 10 Jahren stets Dividenden in Höhe von 4,5 bis 6,6 Prozent an die eigenen Aktionäre aus. Kein Wunder, dass der US-Fondsriese BlackRock stets um die die sieben Prozent Anteile an dem deutschen Weltmarktführer hält.

Auch die größte Aktiengesellschaft im Dax, der Softwarekonzern SAP, hatte im letzten Monat angekündigt, im kommenden Jahr 1,5 Milliarden Euro für Aktienrückkäufe und Dividendenzahlungen ausgeben zu wollen – über das bereits vorgesehene bisherige Niveau hinaus. Eine erste Maßnahme des neuen SAP-Führungsduos Jennifer Morgan und Christian Klein, nach dem Rücktritt des langjährigen CEOs Bill Mc Dermott. Dies sind nur die größten Beispiele aus dem deutschen Leitindex – sie zeigen aber auf, dass man in Deutschland die Möglichkeiten des Financial Engineerings aus den USA zweifellos erkannt hat. Zu einem sehr späten Zeitpunkt..

Fazit

Nicht auch das noch, könnten manche Aktienbeobachter denken, vor allem, wenn sie derzeit nicht in den Märkten investiert sind. Verständlich, denn inzwischen hat sich die Schere zwischen Bewertung und Aktienkurs vieler Unternehmen extrem weit geöffnet. Allerdings gilt das nicht so sehr für die europäischen Märkte, wie ich in meinem Artikel über die 10-Jahresbilanz der Anlageklassen vor Silvester dargestellt habe.

Dax und Co sind sicher nicht in der Lage, bei einem Einbruch an der Wall Street gegenzuhalten, dafür sorgt schon die Eigentümerstruktur unseres Leitindex. Aber empfiehlt man seitens amerikanischer Großbanken nicht schon seit einiger Zeit Europa als zurückgebliebene und damit aussichtsreiche Anlageregion? Hohe Dividenden (ab Mai) und stärkere Aktienrückkäufe könnten die renditegierigen Angelsachsen dazu veranlassen, sich in der Eurozone verstärkt zu engagieren. Europa war im letzten Jahr die am meisten gemiedene Anlageregion der großen Vermögensverwalter.

Dies hat sich seit ein paar Monaten geändert, es fließt mehr und mehr Geld auf den alten Kontinent. Allerdings sollte man sich noch an das Jahr 2007 zurückerinnern. Dort wurden 16,9 Milliarden Euro in Aktienrückkäufe investiert – zu Höchstkursen – anschließend fehlte das Kapital bei einbrechenden Umsätzen und Gewinnen und manche Firma musste sich in die Arme von Investoren retten. Bei Unternehmungsbeteiligungen zu Tiefstkursen. Ein mahnendes Beispiel war Daimler, die das Scheichtum Abu Dhabi zum Großaktionär machen mussten. Ein gebranntes Kind, denn der Automobilkonzern kaufte seither keine eigenen Aktien mehr zurück..

Aktienrückkäufe waren ein maßgeblicher Treiber für die Rally der US-Indizes

Foto: Avarice (2012), by Jesus Solana / Wikipedia (CC BY 2.0) – Ausschnitt aus Originalfoto

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