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Sie kam wie nach Ansage, diese Jahresendrally an der Börse – das Umfeld ließ den Großinvestoren fast keine andere Wahl: Ein handzahmer Donald Truump ohne Droh-Tweets, eine Notenbank, die täglich die Märkte flutet, ein überragendes Aktienjahr, bei dem die bonusabhängigen Geldverwalter den hohen Jahresultimo herbeisehnen und eine Statistik, die ihnen für den letzten Handelsmonat an der Börse in die Hände spielte. Denn wann hatte es schon, ohne externen Schock, ein Ausbleiben der Santa Claus Rally gegeben – nach einem so starken Börsenjahr?

Börse: Die stärksten Aktienmärkte 2019

Es sind nur noch wenige Handelsstunden vor dem endgültigen Schließen der Bücher, der Dax hat seine Schlussauktion schon heute um 14:00 Uhr, während an der Wall Street noch an Silvester gehandelt wird. Deshalb kann noch nicht endgültig bilanziert werden. Dennoch ist es mehr als deutlich ersichtlich, welche Wirkung billiges Geld an der Börse hatte. Hier ein kleiner Überblick mit der bisherigen Rangliste der Börsen kurz vor Jahresultimo:

ATHEX Composite Griechenland plus 53 Prozent
RTS Russland plus 38 Prozent
Bovespa – Brasilien plus 37 Prozent
CSI 300 China plus 34 Prozent
MIB 40 – Italien plus 31 Prozent
S&P 500 – USA plus 30 Prozent
CAC 40 – Frankreich plus 29,5 Prozent
Dax plus 26 Prozent (Kurs-Dax plus 22 Prozent)
Nikkei – Japan plus 19 Prozent

Diese Steigerungen entstanden zum großen Teil ohne ein zugrunde liegendes Wachstum, einfach aus der Erwartung, dass die starken Zinssenkungen 2020 zu einem Anziehen der Konjunktur führen werden.

Der unglaubliche Börsen-Hype in den USA

Wenngleich die USA mit ihren 30 Prozent Anstieg in der Börsenliga nicht ganz oben landen werden, so ergibt sich ein anderer Eindruck, wenn man die absoluten Zahlen betrachtet und die Hintergründe, wie das beste US-Aktienjahr seit 1997 zustande kam.

Den großen Vogel in diesem Jahr – in absoluten Zahlen gerechnet – schoss dabei zweifelsohne Apple ab. Die Aktie stieg seit Jahresbeginn über 80 Prozent im Wert auf eine Marktkapitalisierung von 1,27 Billionen Dollar, was 1,145 Billionen Euro entspricht. Apple wird damit fast so hoch bewertet wie alle 30 Dax-Aktien zusammen, die es gerade auf eine Marktkapitalisierung von 1,306 Billionen Euro schaffen.

Hier kann man bereits erahnen, welchen Sprung der Wert von Warren Buffetts Beteiligungsgesellschaft Berkshire Hathaway erreichen wird, die mit Apple den größten Anteil im Portfolio aufgebaut hat. Er hat 2016 mit dem Ankauf dieser Aktie begonnen und den Bestand sukzessive und zu wesentlich niedrigeren Kursen auf 254 Millionen Aktien (Ende Q3 2019) gesteigert. Diese Stückzahl wäre derzeit mit einem Wert von etwa 290 Dollar oder 260 Euro zu multiplizieren.

Die Performance ist dabei nicht auf steigende Gewinne seit zwei Jahren zurückzuführen – nein, diese stagnierten vielmehr, sondern auf das gigantische Aktienrückkaufprogramm von weit über 100 Milliarden Dollar (327 Milliarden Dollar seit 2009!). Wie ungesund die Konzentration für die US-Börsen schlussendlich ist, zeigt auch die Analyse des Anstiegs des Tech-Index Nasdaq 100. Fünf Aktien haben über 50 Prozent der Gewinne in diesem Index erzielt, zwei Aktien stehen bereits für 35 Prozent der Performance.

Donald Trumps Aktienmarktbilanz

US-Präsident Trump wird nicht müde, die Entwicklung der Aktienmärkte mit seiner Regierungsarbeit zu verknüpfen. Die Performance der Wall Street gibt ihm (derzeit) noch Recht. Diese Stärke wird aber zugleich zu seiner Achillesferse. Denn die schuldenfinanzierte und defiziterhöhende Steuerreform hat einen „Aktien-Hype“ erzeugt, der schon aus finanzmathematischen Erwägungen nicht beliebig fortführbar ist.

Seit Beginn seiner Amtszeit ist die Marktkapitalisierung der Wall Street um sagenhafte 8,6 Billionen Dollar gestiegen, dies entspricht fast dem siebenfachen Wert aller 30 Dax-Aktien.

Die Steuerreform 2017 hat einen einmaligen Gewinnschub der großen Unternehmen erzeugt, der nicht zu wiederholen ist. Im mit Abstand größten Aktienindex der Welt, dem S&P 500, haben im Jahr 2018  91 von 500 Unternehmen gar keine Steuern bezahlt, bei 379 lag der Steuersatz bei gerade mal 11 Prozent. Ein Gigant wie Amazon bekam vom Staat in jenem Jahr sogar noch Steuern aus der Staatskasse zurückbezahlt. Dadurch musste gerade zwangsläufig das Haushaltsdefizit um 66 Prozent nach oben explodieren.

Kurzum: Wenn jetzt das Wachstum in den USA nicht wieder anzieht, wird man die großen Vorschusslorbeeren an Trumps Benchmark auspreisen. Noch bekommen die Märkte gewaltige Unterstützung durch die Federal Reserve und deren Liquiditätszufuhr. Deren Repo-Markt-Interventionen plus den Käufen von kurzfristigen Staatsanleihen haben seit Ende Oktober bereits die Hälfte der über zwei Jahre andauernden Bilanzreduzierung rückgängig gemacht.

Der „Sugar Rush“ an den Aktienmärkten ist zugleich Donald Trumps große Trumpfkarte, aber auch sein Damoklesschwert. Er wird im Wahljahr mit einer unglaublich schweren Last zu tun haben: nicht die Bedrohung durch die Demokraten, sondern eher die Wall Street könnte ihm gefährlich werden.

Die US-Börsen haben auch am Dienstag geöffnet und im Verlauf der ersten Woche 2020 kommen viele Einkaufsmanagerindizes, aus China, Europa und den USA. Man erwartet ein Anziehen der Konjunktur im Verlauf des neuen Jahres, so dass es zum Schließen der Schere zwischen Aktienbewertung und Aktiengewinnen kommen soll. Viel Positives ist bereits eingepreist. Die Unternehmen müssen in Q1 2020 liefern, der Fed-Put hält nicht ewig und bei Gewinnenttäuschungen quittiert man an der Wall Street enttäuschte Erwartungen schon mal locker mit zweistelligen Kursverlusten.

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